Imkerverein St. Ottilien e.V.
 

Die drei Bienenwesen

Ein Bienenvolk ist im Prinzip eine aus sich selbst heraus gewachsene Familie. Diese Familie wird oft auch als Staat oder Volk bezeichnet. Der „Bienenstaat“ besteht aus drei verschiedenen Bienenwesen.

 

Einer Königin, die man auch als das Weisel oder Vollweib(chen) bezeichnen kann. 

Viele Arbeiterinnen bilden die große Masse der Lebewesen im Bienenvolk. Je nach Jahreszeit können von einigen tausend bis zu 60.000 Arbeiterinnen in einem Volk leben.

Mehrere hundert bis mehrere Tausend Drohnen leben in einem Bienenvolk. Sie sind der männliche Teil im Bienenstaat und nur während des Sommers im Volk zu finden.

Keines der drei Wesen ist ohne die beiden anderen dauerhaft überlebensfähig.

Am Anfang steht für jedes Bienenwesen ein Ei das die Königin in eine Arbeiterinnenbrutzelle, eine Drohnenbrutzelle oder eine Königinnenbrutzelle legt. Die drei Zellentypen unterscheiden sich in Form und Größe. Dabei ist die Zelle der Arbeiterin am kleinsten und die der Königin am größten.

Ob ein männliches oder weibliches Wesen entsteht, hängt von der Befruchtung des Eis ab. Aus einem unbefruchteten Ei entsteht ein Drohn. Soll aus einem befruchteten Ei eine Königin entstehen wird die spätere Larve dauerhaft mit speziellem Futter (Geleé Royal) gefüttert.

Die Bienenkönigin

Imker nennen die  Bienenkönigin auch Weisel oder Stockmutter. Mit ihrer Größe von bis zu 20 mm, einem Gewicht von ca. 0,23 g und ihrem verlängertem Hinterleib ist sie relativ leicht von Arbeiterinnen und Drohnen zu unterscheiden. Bei einer Lebenserwartung von bis zu 5 Jahren kann sie das älteste Tier im Volk werden. Sie ist normalerweise als einziges Tier im Volk in der Lage für Nachwuchs zu sorgen. Dies ist eine von zwei Aufgaben der Königin.

Die zweite Aufgabe meistert sie durch Produktion und Abgabe eines Duftstoffes. Dieses Pheromon signalisiert den Bienen, dass Ihr Fortbestand gesichert ist. Das animiert alle Bienen instinktiv ihre vorbestimmten Aufgaben zu übernehmen. Die Weisel wird ständig von einigen Arbeiterinnen, ihrem Hofstaat begleitet. Der Hofstaat pflegt und verpflegt seine Königin und gibt auch den Duftstoff weiter.

Den Höhepunkt ihrer Eierlegeleistung erreicht sie in den Monaten Mai und Juni. In dieser Zeit kann ein legefreudiges Tier bis zu 2000 Eier am Tag ablegen. Diese Eiermenge entspricht ein Mehrfaches ihres eigenen Körpergewichtes. Die Legeleistung ist von Jahreszeit, Umweltbedingungen, Klima und Nahrungsangebot bestimmt.

Die Königin wird nur einmal in ihrem Leben begattet. Der Samenvorrat reicht für ihre gesamte Lebenszeit. Sie ist in der Lage je nach Zellengröße zu entscheiden ob ein Ei befruchtet wird oder nicht (s. h. oben). Wird eine Königin einmal nicht begattet oder ist ihr Samenvorrat verbraucht, ist sie immer noch in der Lage ein Brutnest anzulegen. Jedoch gehen aus dieser Brut nur Drohnen hervor, was den Untergang des Volkes bedeutet. Das Erbgut des untergegangenen Volkes bleibt somit zumindest noch eine begrenzte Zeit erhalten.

 

Arbeitsbienen

Arbeitsbienen sind die kleinsten Tiere im Staat. Bei einer Länge bis zu 14 mm haben sie ein Gewicht von ca. 0,1 g. Arbeitsbienen erreichen stark unterschiedliche Lebensalter. Zwischen April und Juli werden Sie als „Sommerbienen“ 4 – 6 Wochen alt.

Im August / September geborene Bienen können bis zu 8 Monate alt werden. Dies kommt wohl durch einen optimierten Energiehaushalt während des Winters zu Stande. Es scheint auch nahe liegend, das diese unterschiedliche Lebensdauer mit der körperlichen Belastung zusammenhängt.

Die Arbeiterinnen besitzen zwar Eierstöcke, produzieren aber normalerweise keine Eier. Verliert das Volk aber seine Königin, können einzelne Arbeitsbienen die Fähigkeit entwickeln, Eier zu legen. Diese Eier sind aber immer unbefruchtet und es entstehen nur Drohnen. Auch dies ist wiederum das Ende des Volkes.  

Der Großteil aller Arbeiten welche zur Entwicklung und Erhaltung des Volkes nötig sind, wird durch die Arbeitsbienen verrichtet. In Abhängigkeit Ihres Lebensalters ist ein relativ streng geregelter Arbeitsplan vorgegeben. Die meisten Bienen, ca. 70 %, sind in den ersten 20 Tagen ihres Lebens als Stockbienen tätig. Bei diesen „Indoor“-Tätigkeiten kann man eine festgesetzte Reihenfolge beobachten. 

Während der ersten 3 Tage ihres Lebens werden leichte Putzdienste erledigt. Sie säubern die Zellen der frisch geschlüpften Jungbienen. Dies erledigen Sie mit Hilfe ihrer Mundwerkzeuge und den Vorderbeinen. Anschließend besteht Ihre Aufgabe im Füttern der älteren Maden. Dies geschieht mit einem angelieferten Brei aus Pollen und Honig. Dabei fördern Sie auch die eigene Entwicklung durch ausgiebiges Naschen. 

Nach ca. 6 Tagen entwickeln sich die Futtersaftdrüsen, damit wird aus einer  Jungbiene die Ammenbiene. Sie ernährt jetzt die jungen Maden. Sind ca. 10 Tage vergangen, werden die Wachsdrüsen aktiv. Aus Drüsen am Bauch werden feine Wachsplättchen ausgeschieden. Die Ammenbienen wechseln jetzt in den Bautrupp und konstruieren in einer beeindruckenden Teamleistung mit Hilfe der Wachsplättchen das Wabengebilde.

Mehrfachfunktionen sind nun auch an der Tagesordnung. Zu den Aufgaben gehört jetzt zusätzlich das Einlagern von Pollen und Nektar. Auch das Umarbeiten des Nektars zu Honig wird in dieser Lebensphase erledigt. Aber auch Arbeiten, die der Hygiene im Volk dienen, werden nun erledigt. Darunter fällt das Entfernen von Unrat und verstorbenen Bienen aus der Behausung. 

Erstmals wird nun der Stock verlassen. Bei Orientierungsflügen prägt sich die Jungbiene den Standort Ihres Bienenstockes ein. Ab jetzt wechseln die Bienen in den Außendienst. Auch hier sind wieder spezialisierte Aufgabenstellungen zu erfüllen. Einige Bienen bewachen das Flugloch und verteidigen es gegebenenfalls. Mittels eines „Alarmpheromons“ können Sie bei bedrohlichen Angriffen andere Bienen zu Hilfe rufen.

Kundschafterbienen suchen im Umkreis bis zu 4 km nach ergiebigen Nahrungsquellen, haben sie eine gefunden, informieren sie Ihre Genossinnen mit einem speziellen Tanz. Bei diesem Tanz werden Richtung, Entfernung und Ergiebigkeit der Nahrungsquelle übermittelt. Sie sammeln außer Nektar und Pollen auch Baumharz und Wasser. Aus dem Nektar entsteht durch Vermischung mit Fermenten der Honig für den Wintervorrat (und den Imker). Mit Nektar und Honig vermischte Pollen sind das Kraftfutter für den Nachwuchs. Aus dem Baumharz wird durch vermischen mit Fermenten das Kittharz (Propolis) hergestellt. Damit "tapezieren" die Bienen ihre Behausung, verkleinern Öffnungen und dichten Spalten ab. Das Kittharz enthält antibiotische Stoffe, Flavonide genannt welche auch der Gesunderhaltung des Volkes dienen. Neben der Versorgung der Bewohner dient Wasser zur Klimatisierung des Stockes.

Der Bestand eines Bienenvolkes ist von der Legefreudigkeit und dem Lebensalter Ihrer Königin abhängig. Die rechtzeitige Nachzucht einer fruchtbaren Jungweisel (junge Königin) ist deshalb wichtiger Bestandteil im Zyklus eines Bienenstaates. Die Arbeiterinnen üben Einfluss auf die Volksentwicklung aus, in dem der Königin weniger Nahrung und weniger geputzte und damit freie Zellen für die Eiablage zur Verfügung gestellt werden. Gleichzeitig bauen die Arbeiterinnen einige große Zellen und drängen die Königin dorthin um Eier abzulegen. In diesen größeren Zellen entstehen dann junge Königinnen. Sind diese neuen Königinnen kurz vor dem Schlupf, verlässt die alte Königin mit einem großen Teil der Arbeiterinnen das Volk um eine neue Heimat zu suchen. Diesen Vorgang nennt man Schwärmen, die natürliche Form der Vermehrung.


Zwei verdeckelte Schwarmzellen. Darin entwickeln sich die jungen Königinnen.

Aus diesen Abläufen kann kann ableiten, dass mit der Bezeichnung "Königin" nicht eine absolute Herrscherin gemeint ist. Richtiger ist vielmehr, dass ein Bienenvolk als ein komplexer Superorganismus, der sogenannte "Bien", zu sehen ist.

Drohnen

Drohnen entstehen aus unbefruchteten Eiern. Das heißt, sie haben keinen Vater. Als der männliche Teil im Bienenvolk sind Sie für die Befruchtung der Königin zuständig. Drohnen sind inmitten des Staates leicht zu erkennen. Beinahe so groß wie die Königin haben sie aber einen gedrungenen Hinterleib (Prallarsch). Auch die deutlich größeren Facettenaugen sind auf Anhieb zu erkennen. Für den Menschen sind Drohnen recht angenehm, da Sie weder über eine Giftblase noch einen Stachel verfügen.

Drohnen wirken etwas pummelig und träge. Bis vor Kurzem glaubte man, ihre einzige Aufgabe ist es die Königin zu begatten. Mittlerweile weiß man, dass auch die Drohnen einen Beitrag zum Wärmehaushalt des Volkes beitragen und die Brut warm halten, solange die Arbeiterinnen außer Haus sind. Kommt es zu einem Futtermangel im Volk werfen die Arbeiterinnen die Drohnenlarven als erstes aus dem Volk. Drohnen sind nicht in der Lage selbst Futter zu beschaffen.

Überwiegend an sonnigen Nachmittagen fliegen die Drohnen aus und sammeln sich jedes Jahr wieder an den gleichen Orten, den so genannten Drohnensammelplätzen. Für die Sammelplätze beanspruchen sie einen Luftraum von ca. 100 m im Radius. Dort treffen sich bis zu tausend Drohnen und warten auf paarungsbereite Königinnen. Vermutlich finden die Königinnen sie anhand Ihres Duftes.

Die Paarung findet während des Fluges statt. Nur die besten Flieger schaffen es, sich mit einer Königin zu vereinigen. Nach erfolgter Samenabgabe reißt sich die Königin los, dabei verliert der Drohn seinen Geschlechtsapparat, welcher in der Königin verbleibt. Für den Drohn bedeutet dies das Ende seines Lebens. Die Königin paart sich während Ihres Hochzeitsfluges mit bis zu 20 weitern Drohnen, wobei von den Drohnen, auch wiederum während des Fluges, zuerst das Paarungsorgan des Vorgängers entfernt wird.

Ist der Fortbestand eines Volkes gesichert, das heißt, eine vitale befruchtete und Eierlegende Königin befindet sich im Volk, ist die Aufgabe der Drohnen erfüllt. Die Drohnen sind nutzlose Fresser geworden. Im August werden die Drohnen nicht mehr an das Futter gelassen und von den Arbeitsbienen aus dem Volk gedrängt oder sogar gestochen. Zu dieser Zeit kann man viele tote Drohen vor den Bienenkästen sehen. Der Imker spricht von der Drohnenschlacht. Der Ausgang der Schlacht ist allerdings vorbestimmt.